Die Füße haben mich heute Morgen fast umgebracht. Am schlimmsten waren immer die Treppen der Doppelstockbetten, weil dann das ganze Gewicht auf einer so kleinen Fläche lastete. Wenn 2 Betten nebeneinander standen, kam Trick 17 zum Einsatz: zwischen die Betten stellen, mit beiden Armen auf der oberen Matratze aufstützen und mit einem Satz auf das Bett schwingen. Der Schmerz legt sich aber meistens innerhalb der ersten halben Stunde Wandern. Davon abgesehen, ging es mir zum ersten Mal richtig blendend – die Blasen sind verheilt und das Knie macht auch keine Probleme. Man geht gleich mit einem ganz anderen Gefühl durch die Gegend und genießt alles viel intensiver.

Auf Weg dem Weg nach Calzada del Coto, unserem Zielort für heute, ist nicht viel passiert. Kurz vor dem Ort hat man die Wahl zwischen der Hauptroute und einer viel weniger frequentierten Nebenroute. Um zumindest auf den nächsten 50 km den Pilgermassen zu entkommen, haben wir uns für die letztere Variante entschieden. Die Albergue war schnell gefunden. Merkwürdig war allerdings, dass niemand eine Bettenliste führte. Etwas ungläubig dreinblickend haben wir uns umgeguckt, aber nichts entdecken können. Die Räumlichkeiten waren sehr überschaubar: zur Linken befand sich das Schlafzimmer für die Männer, rechts das für die Frauen und gerade aus eine Dusche. Eine Dänin klärte uns dann auf, dass es nach dem Prinzip ‚Wer zuerst kommt, mahlt zuerst‘ geht.

Draußen haben wir es uns in der Sonne gut gehen lassen und die gewaschenen Sachen zum Trocknen über einen Zaun gehangen. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie jemand in einem ziemlich hohen Tempo Richtung Ortseingang gerannt ist. Was war das denn? Eine halbe Stunde später kam er wieder. Es stellte sich heraus, dass er nur mal eben ein bisschen Laufen war – wie bitte? Alle Pilger, die ich gesehen hab, waren kaum in der Lage zu gehen, geschweige denn zu laufen. Als ich ihn fragte, wie er dazu noch im Stande sei, antwortete er nur lässig „Das ist kein Problem, ich laufe mehrere Marathons im Jahr“. Blasen an den Füßen oder schmerzende Füße waren ihm ebenfalls fremd. Mein Entschluss stand fest: nächstes Jahr werde ich ebenfalls viel besser trainiert herkommen!

 

 

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