Darth Vader schlief im Bett über mir und hat mit seinem Schnarchen alle Anwesenden wach gehalten. Die unverhofft freie Zeit nutzte ich, um Tagebuch zu schreiben. Zur Wiedergutmachung gab es am nächsten Morgen ein üppiges Frühstück, bestehend aus 2 Mini-Brotscheiben und etwas ranziger Marmelade. Und das zum unschlagbaren Preis von nur 5 Euro!

Mayen war nach dem Frühstück wie vom Erdboden verschluckt. Eine geschlagene Stunde hab ich noch auf sie gewartet, bevor ich mich schließlich alleine auf den Weg machte. Jedoch nicht ohne vorher von der Herbergsmutti zu erfahren, dass die Route de Napoleon gesperrt sei. Am Tag zuvor ist ein Mann auf dem Pass gestorben. Deshalb müsse man jetzt die Alternativroute nehmen. Zumindest wurde mir das so von einem freundlichen Pilger übersetzt. Spätestens jetzt war mir klar, dass der Jakobsweg kein Sonntagsspaziergang ist.

Der Rucksack drückte an allen möglichen Stellen. Und überhaupt hatte ich das Gefühl, er sei viel zu schwer. Da half auch das ganze Verstellen der verschiedensten Gurte nichts. Nicht, dass ich eine Ahnung davon gehabt hätte, wie man das am besten anstellt. Dafür war die Aussicht schön, aber meinem leeren Magen war das relativ egal. Zwei Stunden lang ging es nur hoch und runter bevor das erste kleine Örtchen erreicht war. Es gab sogar ein Restaurant, in dem ich mir ein typisch spanisches Frühstück gegönnt habe: einen riesen Teller voll Pommes, Spagetti Bolognese und gebratenem Schinken. Die beiden Asiaten am Nachbarstisch amüsierten sich köstlich über den Anblick. Mit herrlich vollem Magen wollte ich mich also wieder auf den Weg machen. Da offenbarte sich ein zu Unrecht verschwiegenes Produktmerkmal des Rucksacks. Er wird nämlich mit der Zeit immer leichter! In meinem speziellen Fall verabschiedete sich der Verschluss des Hüftgürtels. Aber wer braucht sowas schon, wozu gibt es schließlich Knoten?!

Den Rest des Tages ging es genauso weiter, wie er angefangen hatte. Berg hoch, Berg runter. Der letzte Anstieg hatte es noch einmal in sich. Mehr als eine Stunde krochen wir den Berg rauf. Inzwischen hatten mich die beiden Asiaten aus dem Restaurant eingeholt. Scherzhaft haben sie sich nach meinem Frühstück erkundet und schon kamen wir ins Gespräch. Eddie geht den Jakobsweg, um Geld für eine Charity-Aktion zu sammeln. Mit dem Geld soll Kindern in Sambia die Möglichkeit gegeben werden, den Umgang mit dem Computer zu lernen. Ian war der Abenteuerlustige von den beiden. Wir haben viel erzählt und uns auf Anhieb gut verstanden. Genau wie ich ist er leidenschaftlicher Mountainbiker. Je weiter wir uns Roncesvalles näherten, dem Ziel des heutigen Tages, desto mehr machte sich mein linkes Knie bemerkbar. Im Vorfeld hatte ich des Öfteren gelesen, wie schnell man sich das Knie am Berg ruinieren kann. Besonders bei den Bergab-Passagen. Wir gingen schneller als meinem Knie lieb war. Auch wenn ich sie erst vor ein paar Stunden kennengelernt habe, irgendetwas sagte mir „die beiden tun dir gut; verlier sie nicht aus den Augen“.

Am späten Nachmittag kamen wir ziemlich erschöpft an. 28 Kilometer sind wir heute gegangen. Die Herberge war eine 3 stöckige Superherberge, in der 184 Pilger Platz finden. Bevor es zu Bett ging, wurden die Füße inspiziert. Eine kleine Blase am Zeh hatte sich gebildet. Wie man sie am besten behandelt wusste ich nicht, nur das man sie AUF KEINEN FALL aufstechen und einen Faden durchziehen sollte. Eine Engländerin hat gesehen, wie ich ziemlich hilflos dreinblickend dagesessen habe. Wie selbstverständlich bot sie mir sofort Hilfe an. Als erstes wollte sie die Blase aufstechen und dann einen Faden durchziehen. AAHHHH!!!! Blankes Entsetzen ließ meine Gesichtszüge versteinern. Nachdem sie mir drei Mal beteuerte, dass sie wisse was sie tut, ließ ich sie machen. Ob das so eine gute Idee war?

 

 

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