Manfred erzählte mir, dass es heute entlang der Steilküste geht und man sich den Anblick auf keinen Fall entgehen lassen sollte. Auch wenn das Knie noch nicht wieder verheilt war, wollte ich das Teilstück auf keinen Fall verpassen. Zum ersten Mal ging ich den ganzen Tag über zusammen mit den anderen. Das Wetter war super, die Landschaft wunderschön und die Stimmung ausgelassen – kurzum, es war der schönste Tag bisher!

An irgendeiner Stelle haben wir die falsche Abzweigung gewählt und sind dann ein paar Kilometer auf der Landstraße gewandert. Das hatte aber auch etwas Gutes, denn so trafen wir Veronica wieder, die sich gestern hoffnungslos verlaufen hat und jetzt überglücklich war, uns wiederzusehen. Gemeinsam erreichten wir La Isla, unser Ziel für heute. Und auch diese Herberge war verschlossen. Im Handbuch stand allerdings, dass man eine ältere Dame anrufen soll und sich den Schlüssel abholen muss. Igor machte sich daraufhin auf den Weg, schlug allerdings die falsche Richtung ein. Als er nach einiger Zeit mit leeren Händen wiederkam, haben wir in der Zwischenzeit von ein paar anderen Pilgern erfahren, dass es ein paar hundert Meter weiter, eine andere Albergue gibt. Dort lernte ich Lisa, eine Österreicherin und wahre Frohnatur, kennen. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden und haben viel zusammen gelacht. Ihr Rucksack wog mindestens genauso viel wie mein Monster, was wohl daran lag, dass sie sich von solchen Sachen wie z.B. einem Fön einfach nicht trennen wollte. Ich fragte sie, wie lange sie schon unterwegs sei, weil ihr Reiseführer so verschlissen war, als ob er jahrelang in Gebrauch war. Sie sei zwar sehr langsam unterwegs, versicherte mir aber, dass das die Folge der regnerischen ersten Tage sei.

Ich hätte wirklich gerne noch mehr Zeit mir ihr verbracht, aber leider trennen sich unsere Wege morgen schon wieder. Während sie auf dem Camino del Norte weiterpilgert, werden Igor, Ugnius und ich Richtung Oviedo gehen. Die beiden haben sich für den Camino Primitivo, ein sehr ansprochsvoller Weg durch die spanische Berglandschaft, entschieden. Nicht viele trauen sich an ihn heran, aber diejenigen, die ihn bezwungen haben, kommen aus dem Schwärmen gar nicht mehr raus und bezeichnen ihn als schönsten aller Caminos. Mein Plan war es, ihnen bis nach Oviedo zu folgen und dann von dort aus mit dem Bus nach Leon zu fahren, um die Reise des letzten Jahres fortzusetzen. Leider bedeutete diese Entscheidung aber auch, dass wir uns von Guillermo, Veronica und Ulrike verabschieden müssen, da sie dem Küstenweg folgen wollen. Guillermo, der seinerseits ein passionierter Hobby-Koch ist, bereitete uns zu diesem Anlass ein sagenhaftes Abschiedsabendessen zu. Uns hat es super geschmeckt, auch wenn er todtraurig darüber war, kein Salz gehabt zu haben.

Gerhard, unser fränkischer Schnarcher erster Güte, war auch wieder vor Ort. Er war zum Glück so nett, und machte es sich auf der Couch in der Küche bequem, damit die anderen Pilger ihren Schlaf bekommen. Vielen Dank dafür Gerhard!

 

 

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