Anscheinend hat mich der gestrige Tag ziemlich geschafft. Anders kann ich es mir nicht erklären, wie ich 12 Stunden schlafen konnte. Nach dem Formel-1 Rennen habe ich mich zur Mittagszeit auf die Suche nach dem Jakobsweg begeben. Angeblich verläuft er entlang des Flusses. Allerdings wurde mir gestern viel darüber erzählt, und nichts davon stimmte.

Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass der Rucksack viel zu schwer ist? Mit beiden gefüllten Trinkblasen hat er die 25 kg Grenze locker überschritten. Es war echt brutal, wie sollte ich nur den Camino beenden können, wenn ich schon nach ein paar Metern völlig K.o. bin? Hat denn die ganze Vorbereitung nichts genützt? Als ich den ersten gelben Pfeil aka Wegweiser entdeckte, war Einsteins Relativitätstheorie ohne jeden Zweifel bewiesen. Was mir wie eine Ewigkeit und einem gefühlten Marathon vorkam, waren lediglich 2 km in einer halben Stunde! Total erschöpft habe ich in einem Cafe neue Kräfte getankt, nur um danach festzustellen, dass es mir jetzt noch schwerer fällt, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Als ich an einer Bushaltestelle vorbeikam, habe ich ernsthaft darüber nachgedacht, zum Busogrino zu werden. Nein, so weit sollte es nicht kommen! Ich riss mich zusammen und wanderte bis zum späten Abend ca. 23 km bis ich an den Ozean kam – ein herrlicher und hart verdienter Anblick. In einem Restaurant war der Kellner vollkommen überrascht, dass jemand ernsthaft zu Fuß nach Santiago pilgern will. Bin ich denn hier der einzige Pilger? Den ganzen Tag über habe ich schon keinen gesehen, was dem genauen Gegenteil meiner letztjährigen Erfahrung entspricht. Und grade in dieser schwierigen Situation hätte es so gut getan, jemanden zum Reden zu haben.

Jetzt galt es erstmal einen Schlafplatz zu finden. Leider konnte ich in unmittelbarer Nähe keine ruhige Ecke ausfindig machen, um das Zelt aufzustellen. Mir blieb nichts anderes übrig, als weiter zu gehen. Inzwischen war es stockdunkel, was angesprochen schlecht war, wenn man an einer Schnellstraße entlang geht und dunkel gekleidet ist. Das war mir dann doch ein bisschen zu riskant. Um an die Stirnlampe zu kommen, musste ich fast den gesamten Rucksack ausräumen. Schließlich hatte ich keine Lust, als Kühlergrillfigur eines LKWs zu enden. Im nächsten Dorf befand sich in Sichtweite der Wohnhäuser eine Wiese mit Spielplatz. Um nicht mit dem Zelt aufzufallen, denn wildes Campen ist in Spanien verboten, machte ich es mir in einem Spielhäuschen bequem. In diesem Sinne, gute Nacht!

 

 

zurück 17 weiter 17