Der Tag begann ziemlich spät – 11 Uhr um genau zu sein, was aber nicht weiter schlimm ist, weil er mit 17 km ziemlich kurz werden sollte. Zuvor hatte ich mich noch 2 Stunden lang mit einer der beiden freiwilligen Helferinnen über Ultralight Backpacking unterhalten. Sie ist früher viel mit dem Rucksack unterwegs gewesen und gab mir ein paar nützliche Tipps, wie man Gewicht einsparen kann. Früher habe ich diese Grammzähler noch ausgelacht, verstand jetzt aber den Sinn dahinter: je leichter der Rucksack ist, desto mehr Spaß macht auch das Wandern!

Der Camino del Norte führte heute direkt an der Küste entlang, was mir eine herrliche Aussicht auf die Steilküste und das Meer bescherte. Am Nachmittag schlenderte ich einen kilometerlangen Strand entlang, denn irgendwo hier soll sich eine Fähre nach Santander befinden. Nach einiger Zeit kam mir ein Holländer entgegen, der fragte, ob ich ein Pilger sei. Denn wenn ja, wäre ich viel zu weit gelaufen und längst an der Ablegestelle vorbeigegangen. Dank seiner Hilfe hatte ich sie dann nach einer halben Stunde erreicht. Was mir ganz und gar nicht gefiel, war die Tatsache, dass das Knie zu schmerzen anfing. Für diesen Fall hatte ich die Kniebandage vom letzten Jahr eingepackt, musste aber feststellen, dass sie durch das viele Krafttraining viel zu eng geworden war. Um mir nicht das Bein abzuschnüren, musste es halt ohne gehen. Nach der Überfahrt nach Santander konnte ich kaum noch richtig gehen – das hat mir grade noch gefehlt. Normalerweise war der Plan, hier zu übernachten. Da die Stadt aber überaus hässlich und überfüllt war, entschloss ich mich, 9 weitere Kilometer anzuhängen.

Als ich am späten Abend in Santa Cruz de Bezana ankam, stand ich vor der Aufgabe, die Herberge zu finden. Am Ende wurde ich von den Anwohnern in eine Bar gelotst, die angeblich auch Zimmer anbietete. Der Barkeeper wollte mir irgendetwas, anscheinend wichtiges, erklären. Weil ich allerdings keinen blassen Schimmer hatte, was er von mir wollte, kam schließlich sein Englisch sprechender Bruder zu Hilfe. Die Albergue sei ungefähr einen Kilometer entfernt und freundlicherweise erklärte er sich sofort bereit, den Chauffeur zu spielen. Das Gebäude erinnerte vielmehr an ein Hotel. Es gab auf einem Gang 6 separate Doppelzimmer, die sich eine Küche und ein Bad teilten. Und das für nur 12 Euro! Das war schon fast zu gut, um wahr zu sein. Irgendwo muss doch ein Haken sein?! Außer mir war niemand hier – das erschien mir ein wenig komisch. Ich rechnete jeden Moment damit, dass ein maskierter Serienmörder hinter mir auftaucht und mich abmurkst. Als ich baden ging, nahm ich mein halbes Buschmesser mit – nur zur Sicherheit, man weiß ja nie. Wahrscheinlich habe ich einfach nur zu viele Horrorfilme geguckt.

 

 

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