Schon gewusst?
Hier ein paar interessante Fakten über den Jakobsweg aka El Camino de Santiago:
Wer war eigentlich dieser Jakob?!
- der Name ist eine Abwandlung seines hebräischen Namens „Ja-akov“ durch die römische Besatzungsmacht
- Jakobus, Sohn des Zebedäus, gehörte zum engsten Kreis Jesus und war der erste Apostel, der für sein Bekenntnis zu ihm mit dem Leben bezahlte
- oftmals wird von ihm auch als „Jakobus der Ältere“ gesprochen
- er trennte sich von allen materiellen Habseligkeiten, um Jesus zu folgen und das Leben eines Wanderpredigers zu führen
- seine Erkennungsmerkmale waren ein Stab und ein Buch
- auch wenn er mit dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela in Verbindung gebracht wird, war er kein Spanier
- Herodes Agrippa I. ließ ihn ca. 44 n. Chr. enthaupten
Die Tradition des Pilgerns
- neben dem Begriff „Pilgern“, liest man des Öfteren auch von „Wallfahrten“
- die beiden Begriffe lassen sich nicht 100 % voneinander unterscheiden
- unter Pilgern versteht mal das von Strapazen begleitete Unterwegssein in fremdem Land zum Zweck der Läuterung
- eine Wallfahrt ist die Reise zu einem heiligen Ort aus religiösen Gründen
- was für die Muslime Mekka und für die Juden die Klagemauer ist, ist für die Christen Jerusalem, Rom und Santiago de Compostela
- gläubige Menschen ziehen oft mit der Hoffnung los, Gott zu begegnen; einen Herzenswunsch erfüllt zu bekommen oder um sich bei Gott zu bedanken, weil ihnen etwas Gutes widerfahren ist
- während der Pilgerreise kommt man sich selbst wieder ein Stück näher und hat genügend Zeit darüber nachdenken, was wirklich wichtig im Leben ist
- andere wiederum unternehmen die Reise einfach nur wegen der sportlichen Herausforderung oder um neue Kulturen kennenzulernen
- die Motivation für die Leute im Mittelalter war, die Orte zu besuchen, die in der Bibel beschrieben wurden, um sich davon zu überzeugen, dass es sich dabei um „reale historische Ereignisse“ handelte
- auf diese Weise überzeugten sie sich davon, dass das Heilige tatsächlich auf der Welt existiert
- im Mittelalter war der Weg sehr gefährlich, es gab viele Tote durch Krankheit, Erschöpfung, Mord und Totschlag
- Strafgefangene wurden zum Teil von weltlichen Gerichten zu einer Wallfahrt verurteilt
- die Erkennungsmerkmale waren der Stab, eine Vorratstasche, ein breitkrempiger Hut und der lange Umhang
- den Armen Pilgern standen die barmherzigen Gastgeber gegenüber
- es galt als eine Christenpflicht, einen Pilger aufzunehmen und sich um sein Wohl zu kümmern
- weltliche Gesetze ließen den Pilgern außerdem einen besonderen Schutz zukommen
- nicht wenige nutzten dies aus, gaben sich als Pilger aus und ließen sich durchfüttern
- deshalb gab es vielerorts schon bald Vorschriften, wie lange der Pilger an einem Ort verweilen darf
- in Wien wird ein Gauner heute noch als „Pülcher“ bezeichnet
- dann gab es noch die wohlhabenden Leute, die keine Lust oder Zeit hatten, sich auf eine so lange Pilgerreise zu begeben und schickten stattdessen (gegen Bezahlung) einen Stellvertreter
- in Santiago de Compostela konnte man die Jakobsmuschel als Zeichen des erfolgreichen Absolvierens der Pilgerfahrt erwerben
- ab dem 12 Jhd. wurde die Muschel als allgemeines Pilgerabzeichen betrachtet und bezog sich nicht mehr nur auf Santiago
- heutzutage kaufen sich die meisten Pilger die Muschel schon vor der Abreise
- dafür können sie sich mit der credencial rühmen, einer Urkunde die man sich nach der Zieleinkunft abholen kann
- Voraussetzung ist, dass man auf den letzten 100 km pro Tag zwei Stempel in sein Pilgerausweis stempeln lässt
- wer mit dem Fahrrad oder auf dem Pferd anreist, muss die letzten 200 km belegen können
Was sind die Anfänge der Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela?
- nach dem Tod Jakobus war es fast 800 Jahre lang ruhig um ihn geworden
- im Jahr 829 behauptete man in Santiago de Compostela, dass man seine sterblichen Überreste gefunden habe
- er soll für die Christianisierung in Spanien verantwortlich gewesen sein…
- … dass er allerdings schon Jahrhunderte vor den großen Missionsreisen hingerichtet wurde, verschwieg man großzügig
- allen Widersprüchen zum Trotz wurde dem Volk weisgemacht, dass der Apostel zusammen mit 7 Jüngern in Spanien missionierte
- 250 Jahre nach dem Fund lieferte man die passende Erklärung, wie man an die Überreste kam: Es waren Engel, die einem Einsiedler den Weg zum dem mit Marmorsteinen ausgestattetem Grab zeigten
- allerdings lässt sich bis heute nicht eindeutig widerlegen, dass es sich um einen Schwindel handelt
- dafür spricht, dass der Name „Compostela“ übersetzt „Friedhof“ bedeutet, was auf den Fund einer alten Grabstätte schließen lässt
- ein weiteres Indiz sind die Funde der modernen Archäologie, nämlich ein Mausoleum aus dem 1. oder 2. Jhd., wobei es sich theoretisch um das Apostelgrab handeln könnte
- es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass man im 9 Jhd. ein Grab aus der römischen Zeit in Compostela fand
- was die Entdecker so sicher machte, dass es sich dabei ausgerechnet um Jakobus handelte, wissen wohl nur sie selbst
- es spricht jedenfalls vieles dagegen, weil er im Heiligen Land gestorben ist und niemand freiwillig zugelassen hätte, dass seine Überreste ans andere Ende des Mittelmeeres gebracht werden
- in Spanien behauptete man, dass seine Jünger die Überreste aus dem Heiligen Land nach der Hinrichtung mit dem Schiff nach Galicien gebracht haben
Die Heiligenverehrung
- die Heiligenverehrung spielte im Mittelalter eine enorm große Rolle, was politisch und wirtschaftlich in großem Maße ausgenutzt wurde
- seit dem 5. Jhd. wird unter jedem Altar einer neu eingeweihten Kirche eine Reliquie aufbewahrt, denen wundersame Kräfte zugesprochen wurden
- anfangs wurden nur die Gräber der Heiligen verehrt
- damit aber möglichst viele Menschen Zugang zu diesen Heiligtümern bekamen, begann man, die Leichname zu zerteilen und an mehrere Orte aufzuteilen
- da diese Maßnahme nicht ausreichte, führte man später die „Berührungsreliquien“ ein, womit jeder Gegenstand, der vom Heiligen berührt wurde oder sich in seinem Grab befand, mit jenen wundersamen Kräften gesegnet wurde und fortan ein Ziel für Pilger darstellte
- die Weltlichen erkannten die wirtschaftlichen Auswirkungen der Reliquien schnell, weshalb es nicht lange dauerte, bis mit Reliquien reger Handel betrieben wurde
- dass die Echtheit nicht garantiert werden konnte, nahm man gern in Kauf
- um mehr Aufmerksamkeit bei den Pilgern zu erregen, verwand man auch mal einen anderen/besser klingenden Namen
- einige Historiker vermuten, dass die spanischen Könige an der Grabesentdeckung beteiligt waren und den Schutzpatron Jakobus dafür „missbrauchten“, der Bevölkerung im Krieg gegen die Mauren und Normannen neuen Mut zu geben
- wurde eine wichtige Schlacht gewonnen, wurde der Erfolg schon mal auf die Unterstützung des Schutzpatrons Jakobus geschoben
- deshalb liest man auch manchmal von „Jakobus dem Maurentöter“
- die Könige verlangten von jedem Bewohner des Landes eine Abgabe an Wein und Getreide, um dem Heiligen zu danken
- die Abgaben gingen fast ausschließlich nach Santiago de Compostela, weil dort seine Überreste aufbewahrt wurden
- Santiago de Compostela entwickelte sich mit der Zeit zu einer prunkvollen Stadt; die Kathedrale zählt heutzutage zu den prächtigsten ganz Spaniens
- neben den Abgaben, waren die Einnahmen des Pilgerverkehrs eine gute Geldquelle
- mit den steigenden Pilgerzahlen entwickelte sich bald eine entsprechende Infrastruktur mit Pilgerherbergen, Spitäler und Kirchen mit extra Schlafplätzen für die Pilger
- ebenso profitierte das Gastgewerbe, Müller, Bäcker, Metzger, Schuhmacher, Geldwechsel, Schneider und viele weitere Handwerke von den immer größer werdenden Pilgerströmen
- Schätzungen zu Folge pilgerten im Spätmittelalter bis zu einer halben Million Menschen pro Jahr nach Santiago de Compostela
Der erste Pilgerführer und die Wegführung
- erster Pilgerführer war der „Liber Sancti Jacobi“, das „Buch des Heiligen Jakob“, das den Wallfahrtsbetrieb ankurbeln sollte
- er bestand aus 5 Teilen: Predigten; die 22 Wunder, die Jakobus bewirkt haben soll; die Erklärung wie der Heilige nach Spanien kam; die Geschichte des ersten Pilgers Karl des Großen und eine Wegbeschreibung mit nützlichen Tipps für Pilger
- da er älter als die Technik des Buchdrucks ist, wurde er anfangs nur mündlich weitergegeben
- wollte ein Pilger im Mittelalter von zu Hause nach Santiago wandern, so musste er sich also zwischendurch immer den Weg erfragen
- der gelbe Pfeil als Wegweiser wurde erst 1984 von Don Elías Valiña Sampedro eingeführt
- welche Heiligen Stätten man zu besuchen hatte, wurde einem ebenfalls vorgeschrieben
- die Wege waren normale Handelsstraßen und keine separaten Wanderwege, wie man sie heutzutage zum größten Teil vorfindet
- es gab allerdings nicht nur einen Weg, sondern ziemlich viele
- der bekannteste ist der Camino Francés, der von der Streckenführung her noch derselbe wie schon vor hunderten von Jahren ist
- der älteste Jakobsweg ist der Camino Primitivo, welcher allerdings nur von weniger Pilgern gewählt wird, weil er physisch sehr anspruchsvoll ist
Kritik und der Rückgang der Pilgerzahlen
- Marin Luther sagte über die Echtheit der Reliquie: „Man weiß nicht, ob Sankt Jakob, ein toter Hund oder ein totes Ross dort liegt, darum geschieht ihnen auch recht, die da also hinlaufen.“
- im 12. Jhd. ging man in Santiago gegen andere Überlieferungen und Legenden vor und stärkte somit die Verbreitung der eigenen Version
- der Kirche war die neue Pilgerstätte ein Dorn im Auge, weil sie eine Konkurrenz zu Rom darstellte
- Papst Gregor VII. schrieb 1074 in einem Brief an den spanischen König Alfons VI., dass der römische Apostel Paulus für die Christianisierung des Landes verantwortlich war und nicht Jakobus
- weiterhin war es von der Kirche nicht gern gesehen, dass sich die Menschen an der Reliquie ergötzten, weil dies Gott vorbehalten sein sollte
- die immer heftiger werdende Kritik an der Wallfahrt, führte schließlich dazu, dass Fern-Pilgerreisen ab dem 16. Jhd. in den Hintergrund gerieten und die Menschen stattdessen zu lokalen Heiligenstätten wallfahrten
- ein Religionskrieg in Frankreich zwischen den Katholiken und Hugenotten tat sein übriges
- durch einen Passzwang erschwerte die spanische Inquisition die Einreise ausländischer Pilger zusätzlich
Wiederentdeckung des Grabes und neuer Pilgerboom
- 1588 errang England gegen Spanien eine Seeschlacht und machte die Küsten des Landes angreifbar
- in Santiago de Compostela wurde die heilige Reliquie sicherheitshalber versteckt, damit sie im Fall der Fälle nicht von den Engländern entwendet werden könnte
- das Versteck war allerdings so gut gewählt, dass man das Grab erst 300 Jahre später wiederentdeckte
- somit kam es 1879 zur zweiten Grabesentdeckung der Geschichte
- die großen Pilgerzahlen blieben noch ca. 100 Jahre aus
- im Jahr 1977 wurden lediglich 31 Pilger in Santiago de Compostela registriert
- das sollte sich in den 80er dank diverser Papstbesuchen schnell ändern
- 1985 wurde die Altstadt Santiagos zum UNSESCO-Weltkulurerbe erklärt
- 1993 wurde der Jakobsweg zum UNSESCO-Weltkulurerbe erklärt
- ob diese Ereignisse letztendlich dazuführten, dass sich wieder mehr Menschen für den Jakobsweg begeisterten, kann niemand mit Gewissheit sagen
- Fakt ist jedoch, dass die Pilgerzahlen wieder kontinuierlich stiegen – auf dieser Seite kann man ein paar schöne Statistiken dazu sehen
- in den Jahren, in denen der Jakobustag (25. Juli) auf einen Sonntag fällt, nehmen besonders viele Pilger die lange Reise auf sich
- es heißt, wer dann die heilige Pforte der Kathedrale von Santiago de Compostela durchschreitet, erhält vollkommenen Ablass seiner zeitlichen Sündenstrafen
Darstellung des heiligen Jakobus. Quelle
Laut Santiago de Compostela war Karl der Große der erste Pilger. Allerdings hat er es nie bis dorthin geschafft. Quelle
Die Jakobsmuschel als Erkennungsmerkmal des Pilgers.
Pilglerausweis
Die Kathedrale von Santiago de Compostela.
Der Reichtum der Stadt lässt sich nur erahnen.
In diesem Sarg sollen die sterblichen Überreste des Heiligen Jakobus liegen.
Jakobus der Maurentöter – oftmals auf dem Pferd mit gezücktem Schwert dargestellt.
Der erste Pilgerführer: Liber Sancti Jacobi. Quelle
Seit 1984 gibt es die gelben Pfeile als Wegweiser.
Martin Luther fand klare Worte zur Echtheit der Reliquie. Quelle
Viele Wege führen nach Santiago de Compostela, Quelle