Der Flug nach Amerika war recht angenehm. Das Essen war ausreichend und lecker. Zudem konnte ich noch das nachholen, was ich zuhause nicht mehr geschafft hatte. Nämlich alle 3 Teile von Der Hobbit zu gucken.
In Chicago angekommen, gab es gleich eine böse Überraschung. Der Rucksack wurde ins falsche Flugzeug verladen und befand sich in Stuttgart. Der Lufthansa-Mitarbeiter hat daraufhin veranlasst, dass er am nächsten Tag nach Atlanta geflogen wird. Er hat allerdings dazu gesagt, dass es vielleicht nicht klappt. Also blieb mir nichts anderes übrig, als das Beste zu hoffen.
Mit meinem Handgepäck bewaffnet, hieß es, als nächstes den Busbahnhof zu finden. Mehrere Zugfahrten später war die Straße gefunden. Weil allerdings nichts auf eine Haltestelle hinwies, fragte ich einen schwarzen Obdachlosen. Für die Hilfe wollte er natürlich Geld sehen. Für die 5 Dollar hätte ich es lieber selbst gesucht. Weil der Bus erst in 9 Stunden abfährt, hab ich die Zeit in der nahegelegen U-Bahn-Station totgeschlagen. Die letzten 4 Stunden waren die schlimmsten, weil es zu Deutschland ein 7h Zeitunterschied ist. Alle paar Minuten bin ich eingenickt, obwohl ich nicht einschlafen wollte, um nicht beklaut zu werden. Kurz nach 23 Uhr wurde ich von einem Ami aufgeweckt. Wir haben kurz erzählt, danach bin ich zum Bus gegangen, der glücklicherweise schon wartete. Draußen stand ein Mann mit Rucksack und Wanderstock. Ich fragte ihn, ob er ebenfalls den AT wandern will. So kamen wir ins Gespräch, er erfuhr von meinem verlorenen Gepäck und bot mir sofort an, bei seiner Schwester nahe Atlanta zu übernachten. Das Angebot hab ich gerne angenommen.
Die 16 stündige Fahrt war nicht so schön. Erst war die Klimaanlage auf eiskalt eingestellt und den nächsten Morgen auf heiß. Schlafen konnte man dank der aufrechten Sitze und der nicht vorhandenen Beinfreiheit nicht wirklich.
In Atlanta angekommen sind Charlie und ich direkt zum Flughafen weitergefahren, wo ich Gott sei dank meinen Rucksack wiedergekriegt habe. Der Mann von Charlies Schwester hat uns kurz darauf abgeholt und zu sich nach Hause gefahren. Die Familie war super freundlich und hatte viele Kinder.
Am nächsten Tag wollten wir eigentlich schon starten. Charlies Neffe Herbie kommt ebenfalls mit. Aber anstatt zu wandern, verbrachten wir den Tag damit, Essen einzukaufen und die Rucksäcke zu packen. Charlies und Herbies Rucksäcke wogen 55 bzw. 50 Pfund. Meiner wog grade mal 30 Pfund.
Donnerstag ging’s endlich los. Wir fuhren fast 4 Stunden zum Startpunkt des Trails. Das Geld für den Shuttle-Service hatte ich somit auch gespart. Andernfalls hätte das mit schlappen 100 Dollar zu Buche geschlagen.
Kurz nachdem wir losgingen, fing es auch schon zu regnen an. Dank meines Regenschirms blieb ich aber komplett trocken. Als wir am ersten Shelter ankamen, waren die anderen beiden schon komplett durchgeweicht. Da schon alle Plätze belegt waren und wir noch frohen Mutes, zogen wir weiter. Kurz bevor es dunkel wurde, schlugen unser Lager auf und hingen die Essenssäcke an einem Baum auf. Die Nacht über hab ich die meiste Zeit nur gelauscht, ob sich ein Bär dem Camp nähert. Charlie ist einmal total ausgeflippt, weil irgendetwas sein Zelt gestreift hat. Am nächsten Morgen hat Herbie erzählt, dass sein Zelt undicht ist, und alles unter Wasser stand.
Der zweite Wandertag war nur unwesentlich trockener als der vorige. Charlie und Herbie hatten sichtlich mit dem Gewicht auf ihren Schultern zu kämpfen. Für die 7 Meilen bis zum nächsten Shelter haben wir über 6 Stunden gebraucht. Dort angekommen waren noch genügend Plätze für uns übrig, sodass wir die Zelte nicht im Regen aufbauen mussten. Ein weiteres Highlight war das Plumpsklo – was für ein Gestank! Das Schöne an den Sheltern sind aber die Leute die man da kennenlernt. Sind schon ein paar komische Gestalten dabei, z.B. ein Bodybuilder, der einen riesen Behälter mit Proteinpulver mitschleppt. Einen Deutschen hab ich auch getroffen, Derrek heißt er.
Der nächste Tag brachte uns den ersten Sonnenschein. Da macht das ganze gleich nochmal so viel Spaß. Charlie und Herbie gefiel es weniger, weil sie ziemlich unter dem Rucksackgewicht litten. Weil ich noch Neels Gap erreichen wollte, und die beiden es niemals noch am selben Tag geschafft hätten, verabschiedete ich mich von ihnen. Und ich kann ihnen gar nicht genug danken, nach dem, was sie alles für mich getan haben.
Der Weg über Blood Mountain war sehr schwer. Teilweise musste man ganz schön klettern. Wenn man da nicht aufpasst, hat man sich den Knöchel ganz schnell verstaucht.
Nach der Plackerei konnte ich dann zum ersten Mal seit 3 Tagen neue Lebensmittel einkaufen. Und obwohl ich eigentlich kein Geld für Übernachtungen ausgeben wollte, hab ich mir eine Nacht im Hostel gegönnt. Dabei handelte es sich um einen stinkenden Keller mit 15 anderen Wanderern. Aber trocken war‚s. Am Abend hat uns ein Mitarbeiter der Outdoorshops noch ein paar Geschichten erzählt und nützliche Tipps gegeben. Er ist den AT schon ganze 9 Mal komplett gewandert. Das nenn ich mal ‚ne Leistung.
Für die nächsten beiden Tage war Regen mit Gewitter angesagt. Ich HASSE Gewitter! Zunächst hat es aber nur geregnet. Dazu kam ein eisiger Wind von der Seite, der den Nutzen meines Regenschirms zumindest teilweise zunichtemachte. Nach 2 Stunden schloss ich auf Derrek und Santa Claus auf, der eigentlich Nick heißt. Zusammen haben wir uns bis zum Low Gap Shelter durchgeschlagen, wo wir kurz nach 19 Uhr ankamen. Zum Glück mussten wir nicht durch ein Gewitter laufen.
Mitten in der Nacht hat sich ein Zelthering gelöst, woraufhin das Kopfende des Tarps auf mir drauf lag. Es gibt wahrlich schönere Dinge als aus dem warmen Quilt zu kriechen, sich die nassen Schuhe anzuziehen und in der Dunkelheit draußen umherzugeistern. Besonders gut geschlafen habe ich die Nacht nicht mehr. Am Morgen kam dann ein Gewitter auf. Als es direkt über uns war, hab ich mich ins Shelter auf den Essenstisch verkrochen, bis es vorbei war. Eine ältere Dame checkte den Wetterbericht und sagte, dass es heute zumindest nicht mehr gewittern soll.
Santa Claus hat sich mit dem zusammenpacken sehr viel Zeit gelassen, sodass ich schon mal vorweggegangen bin. Gegen 13 Uhr fing es wieder an zu donnern – so eine Scheiße! Dann traf ich ein paar Ranger, die sehr schlechtes Wetter ankündigten. Ich bin die Berge buchstäblich runtergelaufen, um dem Gewitter zu entkommen. Vergebens. Gerade als ich an der Seite eines Berges war, zuckten die Blitze direkt über meinem Kopf. In 100m Entfernung sah ich einen anderen Wanderer, zudem ich schnell geeilt bin. Er war den Tag mein persönlicher Trail-Angel, weil er mich wieder beruhigt hat. Nach 10 Minuten war alles vorbei und wir zogen weiter. Ich ließ ihn aber schon nach kurzer Zeit zurück, weil ich nur noch das verdammte Shelter erreichen wollte. Im Laufschritt holte ich etliche Wanderer ein, nur um kurz darauf im nächsten Gewitter festzusitzen. Ich schmiss alles ab und bin 50m weitergelaufen, falls der Blitz sich den Weg zu den Wanderstöcken sucht. Ich war heilfroh, als ich auch das heil überstanden hatte. In einem Wahnsinnstempo wollte ich die letzten 2 Meilen so schnell wie möglich hinter mich bringen. Am letzten großen Anstieg war ich mit meinen Kräften völlig am Ende und wurde schon ganz wackelig auf den Beinen. Ohne die beiden Snack‚ s aus dem Rucksack wäre ich da zusammengeklappt.
Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie froh ich letztendlich war, als ich das Shelter erreichte. Außer mir war erst ein weiterer dort. Gegen Abend war die Hütte dann voll. Und ich muss sagen, dieser Horror-Tag wurde noch zu einem richtig schönen. Die Leute waren sehr cool drauf, mit ihnen habe ich mich viel besser verstanden als mit denen, aus den anderen Sheltern. Morgen soll der erste Ruhetag eingelegt werden. Der Zwischenstopp in Hiawasse wäre sowieso nötig, um Essen zu kaufen und endlich mal den ersten Blogpost zu veröffentlichen.
Hallo Hikerino!
Über deine Youtube Videos bin ich auf deine Seite gestoßen und finde beides sehr informativ!
Bei mir soll es 2019 auf den AT gehen und ich bin jetzt schon dabei die Ausrüstung zu kaufen und zu testen.
In deinem Kapitel über Ausrüstung schreibst du, dass eine genaue Auflistung noch folgt, gibt es die schon irgendwo und ich finde sie nur nicht?
Besonders interessiert mich, welche Bearbag und welche Isomatte du genommen hast.
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen!
Gruß
Anna
Hi Anna! Danke, freut mich, dass sich die Arbeit gelohnt hat und anderen weiterhilft. Die Auflistung habe ich tatsächlich nie fertiggestellt – Asche auf mein Haupt.
Als Bearbag hab ich den „Exped VentAir Compression Bag“ in Größe M genommen. Größe S wird bei dir wahrscheinlich reichen (die anderen haben sich schon immer darüber lustig gemacht, wie viel ich esse). Aber theoretisch kannst du jeden anderen wasserdichten Sack nehmen, der nicht super dünn ist und nach ein paar Wochen reißt.
Die Isomatte war eine „Therm-a-Rest NeoAir XTherm“. Als Kopfkissen würde ich dir das „Sea to Summit Aeros Premium Pillow Regular – Reisekissen“ empfehlen.
Wenn du noch fragen hast, immer raus damit. Ansonsten wünsche ich viel Erfolg für nächstes Jahr!
Schöne Grüße,
Nico
Hi Nico!
Erstmal vielen Dank für Deine Antowort :-)!
Sorry, dass es so lange gedauert hat… es war noch so lang hin und ich hatte noch so viel anderes im Kopf.
Jetzt ist es aber bald so weit. Mitte März geht es los.
Woweit ist auch alles schon organisiert nur bei einer Sache bin ich mir noch nicht sicher, wie ich es machen soll, und zwar der Transfer vom Flughafen zu den Amicalola Falls.
Ich tendiere dazu, einfach erst am Flughafen nach einem Shuttle zu suchen bzw. die privaten Anbieter anzurufen.
Was hälst Du davon?
Du hattest auch nichts fest ausgemacht wenn ich es richtig verstanden habe?!
Danke schon mal!
Gruß
Anna
Yo Nico!
Ich wünsche dir, dass das Wetter noch besser wird! Ständig nur Regen ist ja mega doof ^^
Aber cool, dass du schon mal gut am Trail angekommen bist!
Ziehs durch! ;)
Hallo Nico,
also erst mal „Hut ab“ vor der Aufgabe, die Du Dir gestellt hast. Ich finde es beeindruckend, dass Du Deine Grenzen mal austesten möchtest. Das es in Deiner ersten Woche gleich so dicke kommt, ist natürlich gemein. Aber vielleicht wird es dann nur noch besser…
Also ich wünsche Dir ab jetzt viel Sonnenschein, nette Wanderfreunde und viel zu Essen!
…und hetz nicht so :-))
Liebe Grüße
Maren
Na das sind ja viele Flüche, die du da ausgesprochen hast …
Es wird wohl nicht das letzte Gewitter auf deiner Reise gewesen sein. Überleg mal, ob du etwas draus lernen kannst und vielleicht auch daran wachsen kannst. Vielleicht schaffst du es ja auch deine Ängste diesbezüglich zu überwinden …
Immerhin ist ja auch gar nichts passiert. Übe dich in Gelassenheit … ;-)
Viel Spaß noch auf deiner Wanderung und danke, dass du uns daran teilhaben lässt. Nicht nur deine Beinmuskeln werden daran wachsen …