Heute ging’s ins Ponyland! Da sagt nochmal einer, der AT sei kein Ponyhof! Die Landschaft war einfach nur grandios. Das einzige, was dieses tolle Erlebnis schmälerte, war meine verdammte Angst vor Gewittern. Deshalb bin ich auch mehr oder weniger schnell über die Wiesen gerast. Denn 2 Sachen schwebten mir im Hinterkopf herum: zum einen der angekündigte Gewittersturm, und zum anderen die Warnung eines Thru-Hikers, dass man sich dort oben tunlichst nicht während eines Gewitters aufhalten sollte. Als ich am Shelter ankam, war ich nur froh, dass sich das Wetter gehalten hat. Denn hier oben kann es sich sehr schnell ändern. Insgeheim habe ich mir aber schon gedacht, dass sich Gelati nicht mit einem 17 Meilen-Tag zufrieden geben wird. Zugegeben, es war erst 14 Uhr und die verdächtigen Wolken zogen in eine andere Richtung weiter. Darum willigte ich ein, noch 6 Meilen anzuhängen. Nach dem Abendbrot kam zwar noch ein Mini-Gewitter, aber innerlich habe ich mich gepestet, dass ich mir deswegen so ein Druck gemacht habe.
Von dem Partnership Shelter, das für heute unser Ziel war, redete jedermann schon seit 2 Tagen. Und das hatte seinen guten Grund, denn es ist das einzige Shelter auf dem AT, zu dem man sich Pizza liefern lassen kann. Ursprünglich hatten wir das ebenfalls vor, entschieden uns aber direkt in die Stadt zu fahren, unseren Resupply zu machen und dann noch in der Pizzeria vorbeizuschauen. Leider gab es dort kein Wlan, weshalb wir noch zu McDonalds gingen. Eine Stunde habe ich versucht, mein Smartphone mit dem Internet zu verbinden, was aber aus irgendeinem Grund nicht funktionieren wollte. Dafür hab ich nochmal 1000 Kalorien in Form von Chicken Nuggets und Pommes zu mir genommen. Es war schon recht spät und begann dunkel zu werden, als wir uns endlich um eine Mitfahrgelegenheit kümmerten. Nicht gerade die besten Voraussetzungen, wie wir feststellen mussten. Bis wir es schließlich bei einer Tankstelle versuchten. Schon gleich der erste Fahrer, den wir ansprachen, nahm uns ein Stück mit. Da es immer noch 7 Meilen zurück zum Shelter waren, musste eine zweite Fahrt her. Was vorhin schon klappte, hat auch diesmal funktioniert – die erste Frau, die ich ansprach, hat uns gleich mitgenommen. Am Shelter angekommen, wollte ich nur noch ab ins Bett und schlafen. Mit den neu erworbenen Ohrstöpseln war es auch viel angenehmer zwischen den ganzen Schnarchern und den unzähligen Grillen draußen.
Morgens ging ich noch mit Gelati zusammen los, bis ich kurz beim ersten Shelter Halt machte, um mal auf’s Klo zu gehen. Nur dadurch hab ich kurze Zeit später die Trail-Magic von 2 netten älteren Leuten der örtlichen Kirche mitbekommen. Denn als Gelati dort vorbeigegangen ist, waren sie noch nicht da. Ich hab ein paar Snacks und eine Orange für ihn mitgenommen und sie ihm später gegeben, damit er nicht komplett leer ausgeht. Inzwischen war es richtig heiß geworden und der Trail führte uns über weite Strecken auf Wiesen entlang. Was geradezu nach dem schon fast eingestaubten Regen-/Sonnenschirm schrie. Denn normalerweise kriegt man unter dem dichten Blätterdach im Wald nicht viel vom Wetter mit. Selbst als es heute Morgen kurz regnete, bekam ich kaum etwas ab. Wie ich also mit Gelati über eine der besagten Wiesen ging, passte ich einmal kurz nicht auf und trat in einen riesen Haufen frischer Kuhscheiße. Der halbe Schuh war eingesaut! In dem Fluss, zu dem wir eine Stunde danach kamen, habe ich zwar (der Natur zuliebe) nicht den Schuh gewaschen, aber mal ein Ganzkörperbad genommen. Übrigens haben wir heute die 25% Marke überschritten. Was ungefähr genauso viel ist, wie der Jakobsweg mit optionalem Abstecher zum Ozean.
Donnerstag ist nicht viel passiert. Bis zum Mittag ging es im Nebel erst durch den Wald und später über eine Wiese. Bei gutem Wetter hätte man von dort oben bestimmt eine tolle Aussicht gehabt. Auf dem Gipfel des Berges befand sich ein wind- und wetterfestes Shelter mit 4 Wänden, Fenstern und sogar einer Tür. Ein Thru-Hiker von 2012 erzählte, dass das letzte Mal, als er dort war, sogar jemand gewohnt hat. Er hat den Wanderern erzählt, dass er zu wenig Essen übrig hat, um zur nächsten Stadt zu kommen und schnorrte sich somit 2 Wochen lang durch.
Die letzten langen Tage mit 20+ Meilen hatten leider ein paar Spuren hinterlassen. Gelati’s Knie war leicht entzündet und mein rechter Fuß tat ungewohnt weh. Deswegen änderten wir unseren Plan und legten einen kurzen Tag von 15 Meilen inklusive Resupply ein. Das Terrain war extrem einfach, weshalb wir es uns leisten konnten, mal richtig auszuschlafen und trotzdem noch rechtzeitig zum Pizzabuffet in Bastian zu kommen. Da die Stadt sonst nichts zu bieten hatte, suchten wir uns noch eine weitere Mitfahrgelegenheit nach Bland, um dort Essen einzukaufen und das Internet der Bibliothek zu nutzen. Wir verbrachten insgesamt 5 Stunden in den Städten und kamen erst 18 Uhr am Shelter an. Innerlich hatte ich mich schon drauf eingestellt, mein Tarp aufzubauen. Nicht, dass ich damit ein Problem hätte, es ist aber viel bequemer und vor allen Dingen schneller, seine Sachen im Shelter auszubreiten. Aber wie sich herausstellte, campten fast alle Wanderer in ihren Zelten oder hingen ihre Hängematte auf, so dass das Shelter fast leer war.
Eher spontan entschieden wir uns morgens diese Nacht im Woods Hole Hostel zu verbringen und vorher noch am gemeinsamen Abendessen um 19 Uhr teilzunehmen. Wir hatten noch 11 Stunden Zeit und 27 Meilen vor uns. Das Terrain hat uns zwar ein wenig in die Karten gespielt, weil keine langen, steilen Bergaufpassagen bevorstanden, aber dennoch war es sehr kräftezehrend. Mittags machten wir nur mal kurz bei einem Tante-Emma-Laden halt und aßen etwas. Ansonsten sind wir ausschließlich gewandert, um rechtzeitig anzukommen. Es hätte nicht besser klappen können: ich kam 18:50 Uhr an und Gelati 9 Minuten später. Just in time wie der Engländer sagen würde. Als Vorspeise gab es reichlich Salat aus dem hauseigenen Garten und danach Lasagne. Da ich seit dem Mittag nur ein paar Snacks verdrückt hab, langte ich ordentlich zu. Den Bauchschmerzen nach zu urteilen, war es (mal wieder) zu viel des Guten. Die ganze Mühe hat sich auf jeden Fall gelohnt. Von selbst wären wir wahrscheinlich nicht auf die Idee gekommen, diesen Tag insgesamt 52 km zu laufen. Aber da uns Float schon vor 2 Wochen von dem Hostel erzählt hat und im Reiseführer zudem stand, dass es ein Stück des Himmels sei, wollten wir es uns nicht entgehen lassen. Sie versprachen nicht zu viel! Das Flair war geradezu einzigartig. Man merkte sofort, dass es sich hier um einen besonderen Ort handelte. Und wie der Name schon vermuten lässt, wurde sehr viel Holz beim Bau der diversen Gebäude und Inneneinrichtung verwendet, was mir sehr gut gefiel. Genau genommen war unser Aufenthalt viel zu kurz. Am liebsten wären wir noch ein paar Tage hier geblieben. Da wir aber beide nur über ein begrenztes Budget verfügten, entschieden wir uns schließlich schweren Herzens, am nächsten Tag nach Pearisburg zu gehen und neuen Proviant zu kaufen.
So schwer wie diesen Morgen fiel es mir noch nie, den Rucksack aufzusetzen und weiterzuwandern – es war einfach so gemütlich! Float, der ebenfalls da war, hat die Chance beim Schopfe gepackt, und einen der begehrten Arbeit gegen kostenlosen Aufenthalt -Plätze ergattert. Nach dem gestrigen extrem langen Tag, waren wir beide froh nur 19 Meilen zu gehen. Zwischendurch gingen wir wie geplant shoppen, aber nicht ohne vorher beim China Buffet vorbeizuschauen und uns die Bäuche abermals vollzuschlagen. Durch die Pause sind wir zwar den heißesten Stunden des Tages entkommen, es war aber immer noch eine schweißtreibende Angelegenheit sich die Anstiege hochzuarbeiten. Auf den letzten 3 Meilen mussten wir zudem noch genügend Wasser (knappe 4 Liter) für den Abend und morgen Früh tragen, weil die Wasserversorgung ausgesprochen schlecht war. Zusammen mit dem vollen Essenssack war das alles andere als lustig. Immerhin war das Shelter komplett leer als wir ankamen, sodass wir uns voll ausbreiten konnten. Das Beste war jedoch, dass wir vom Gipfel des Berges einen hervorragenden Blick auf den Sonnenuntergang hatten und ein paar tolle Fotos machen konnten.

 

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